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Sina
Engel mit Bestnote
Sina Pollak ist eine frischgebackene
Sozialbetreuerin. Die 17jährige aus
Sattelbogen hat im vergangenen Schuljahr
blockweise und jeweils mittwochs ein
Praktikum im Chamer Augustin-
Maierhofer-Wohnheim der Lebenshilfe
absolviert und die Abschlussprüfungen
mit Bestnote 1 bestanden. Begonnen hat
ihre Ausbildung mit einem Praktikum im
Altenheim Zandt. „Meine soziale Ader ist
genetisch“, scherzt Sie. Sinas Schwester ist
Kinderpflegerin, die Eltern leiten in
Sattelbogen eine Einrichtung des
Deutschen Erholungswerks.
Sina Pollak ist eine zierliche junge Frau.
Das rote Haar trägt sie streng nach hinten
zu einem Dutt gebunden. Vor Maria einer
älteren Dame im Rollstuhl geht Sina in die
Knie. „Den Menschen auf Augenhöhe
begegnen.“, erklärt sie später. Marias
Hände schmerzen und Sina weiß sofort
was sie zu tun hat. Sanft beginnt sie die
Hände der Frau im Rollstuhl zu massieren.
„Des tut so gut!“, sagt Maria und strahlt
den blassen Rotschopf an. Zarte,
feingliedrige Finger streicheln
abschließend noch über Handrücken und
Unterarme eines gebrechlichen
Menschen, der vom Leben gezeichnet ist.
„Sina i mog di so gern.“, sagt Maria zu
ihrem „Engel“.
Hast du dir deine Arbeit so vorgestellt als
das Praktikum im Haus der Lebenshilfe
begann?
Sina Pollak: „Ich bin recht vorbehaltslos,
ich wenn wohin komme, mache ich mir
wenig Gedanken wie das werden könnte.
Es wird ja eh nicht wie man es sich
vorstellt - Anton Nachreiner, der hier im
Augustin-Maierhofer-Wohnheim der die
Pflegekräfte anleitet, hat mich gleich viel
selber machen lassen. Der Umgang im
Wohnheim ist sehr familiär und die
Behinderungen der Bewohner sind recht
unterschiedlich. Ich habe mich aber
schnell zurecht gefunden, schneller als ich
das erwartet hatte“.
Du Hilfst auch bei Körperwäsche, war das
am Anfang schwer für Dich?
Sina Pollak: „Die ersten Male war immer
jemand Erfahrenes mit dabei. Die Lehrerin
in der Berufsschule hat auch immer
wieder betont, wir sollen uns genügend
Zeit nehmen. Die natürliche Scheu legt
sich und ich bin in dieses Aufgabengebiet
reingewachsen. Sollte das Zuhause mal
bei den Großeltern nötig sein, hab ich
damit sicher keine Probleme“.
Du bist sehr attraktiv Sina und pflegst
einen herzlichen Umgang mit den
Bewohnern, ist dir auch schon mal was
Unangenehmes passiert?
Sina Pollak: „Ich habe mal ein
überraschendes Bussy auf die Backe
gekriegt, das war nicht unangenehm,
trotzdem muss ich dann mit klaren,
höflichen Worten erklären, dass ich das
nicht möchte. Das manche Menschen
dieser Einrichtung etwas distanzloser sind
als wir das von gesunden Menschen
erwarten dürfen, muss auch in meine
Bewertung mit einfließen. Die Schule und
die Wohnheimleitung hat mich da sehr gut
vorbereitet“.
Ist deine „Berufung“ auch bei Gesprächen
mit Freunden ein Thema?
Sina Pollak: „Eigentlich nicht, es gibt ja
auch die Schweigepflicht. Aber natürlich
freut es mich, wenn sich wer für meinen
Beruf interessiert. Oft ergeben sich halt
interessante Gespräche privat unter
Kollegen. Da tauscht man schon mal Tipps
aus oder hört einfach nur zu, wenn dem
andern ein Problem beschäftigt. Wer ein
Altenheim oder ein Behindertenwohnhaus
noch nicht von innen gesehen hat, kann
sich kaum vorstellen was wir da machen“.
Gibt es Missverständnisse und Vorurteile?
Sina Pollak: „Oh ja, es gibt da sehr viele
Vorurteile. Mein Aufgabenbereich ist sehr
vielfältig. Ich geh mit den Bewohnern
Spazieren; helfe beim Anziehen; koche
und backe mit den Bewohnern; bring
schon mal das Essen, wenn wer krank ist;
helfe bei Schreibkram; organisiere
Gesellschaftsspiele; bin da, wenn jemand
zum Reden gebraucht wird, oder massiere
eine schmerzende Hand; mache
Gymnastik, auch für Rollstuhlfahrer und
begleite Ausflüge. Ich bin da wo ich
gebraucht werde. Klar gehört die Hilfe bei
Hygiene und Körperpflege auch zur Arbeit.
„Das könnte ich nicht!“ hör ich oft. Ich
kann es schon. Anfangs kostet das
natürlich Überwindung und ich hatte vor
allem Angst etwas falsch zu machen. Mit
gebrechlichen oder behinderten
Menschen zu arbeiten ist halt sehr
verantwortungsvoll.“
An die praktische Prüfung denkt Sina
Pollak gerne zurück. Gymnastikübungen
sollte sie vorbereiten. Das Programm
hatte die 17jährige den Behinderungen
der Wohnheimgruppe entsprechend
ausgefeilt. „Ich war furchtbar nervös.“,
erzählt Sina, als sie vor den beiden Prüfern
aufgefordert wurde, die Übungen zu
beginnen. Dann streikte der CD-Spieler,
das Fliegerlied vom Donikkl wollte nicht
starten. „Ich war kurz geschockt“ erzählt
sie. Dann begann Sina selber zu singen.
Weil der Text in der Gruppe bekannt war,
wurde aus der Gymnastikübung gleich
eine lustig aktive Singstunde. „Meine
Prüfer waren begeistert.“ Ihre Spontanität
hat sich bezahlt gemacht.
Gibt es Momente wo du Dich auch mal
überfordert fühlst?
Sina Pollak: „Wenn sich eine neue
Situation einstellt. Zum Beispiel hatte sich
eine Bewohnerin den Arm gebrochen und
wollte Duschen. Dann muss ich halt
schauen wie wir das praktisch erledigen
können. Der Gips darf ja nicht nass
werden und manche Arm-positionen
bereiten der alten Dame Schmerzen.
Zusammen haben wir aber auch das
gelöst. Und ich darf als Pflegehelfer
natürlich keine Medikamente eigenständig
verabreichen“.
Wie stellst du dir deine Zukunft vor?
Sina Pollack: „Ich will noch eine
Ausbildung zur Krankenpflegerin machen
und in einem Krankenhaus arbeiten. Die
Erlebnisse hier sind ein wertvolle
Erfahrung, aber ich freu mich schon auf
die neuen Aufgaben“.
„Das die Sina nicht bei uns bleibt ist sehr
schade.“, sagt Anton Nachreiner, der die
Pflegekräfte im Wohnheim anleitet. Wenn
Praktikanten hier anfangen sieht man
gleich wer für diesen Job gemacht ist oder
wer es schwer haben wird. Bei manchen
fällt der Abschied nicht schwer. Die Sina
werden hier aber alle vermissen.